Alles Mögliche

Er könnte jetzt auch über jenen Freund schreiben, der sich zu wenig gewertschätzt fühlt, was er aber gar nicht ist, denkt Herr Nipp. Jener Freund, der ihm immer wieder hilft, sich selbst die Augen für die Dinge, die ihn umgeben, zu öffnen, aber das will er jetzt nicht. Wahrscheinlich könnte er an die tausend Seiten zu diesem Thema verfassen und hätte doch nicht genug gesagt. Und seien wir einmal ehrlich, einen tausendseitigen Essay über nur einen Menschen würde dann auch wahrscheinlich kaum noch jemand lesen. Er könnte auch über einen bestimmten Geburtstag einer bestimmten Person schreiben, aber er weiß, dass er dann…nein, besser nicht. So viele Seiten würden die Kapazitäten des Rechners sprengen. Terrabites. Anbei: Herzlichen Glückwunsch. Vielleicht sollte er über jenen Läufer schreiben, der ihnen im Wald begegnet ist und der ganz lakonisch gefordert hatte, dass es doch bitte regnen solle. Ja, es gibt Menschen, denen es lieber ist, dass es regnet, weil es gut für den Wald ist, als sich in der Sonne, die doch mal wieder die Wolken verdränght hat, zu aalen. Das wäre sicherlich möglich, zumal dieser Mensch auch noch sehr spannend ist und sich Herr Nipp früher einmal sehr eng verbunden gefühlt hatte. Immer noch ist unser Held des Alltags fasziniert davon, dass es möglich ist, so viel Gedichte auswendig zu lernen. Man merkt, es ist wirklich lange her und die alten Geschichten muss man nicht immer und um jeden Preis wieder auffrischen. – Naja, vielleicht später einmal, wer weiß. – Er könnte vielleicht mal über die neue Schallplatte von Nick Cave schreiben, die völlig überraschend digitzal erschienen ist, aber da er von Musik wirklich keine Ahnung hat, lässt er es lieber und wird sie sich am 28. Mai lieber in der Vinylvariante kaufen. Ja, denkt er, sicherlich könnte er jetzt über alles Mögliche schreiben, die Gedanken fluten lassen. Und doch, er lässt es lieber bleiben, wahrscheinlich auch, weil oben gerade mal wieder die Bohrmaschine zu hören ist. Weil die Sonne scheint. Weil er ein unglaubliches Dröhnen im Kopf hat. Weil er noch nicht weiß, was er zu Mittag essen soll. Herr Nipp wird letztlich gar nichts in die Tatsatur hämmern. Gerade weil alles möglich ist, findet er es unmöglich zu schreiben.

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