Ofenstellung

Während er da steht, läuft im Hintergrund eine der beiden Platten, die er zuletzt zum Geburtag geschenkt bekommen hat. Dieses mal nicht die geniale „Bossanova“ von den Pixies, sondern die nicht weniger gute „3“ von der Formation Violent Femmes. Herr Nipp fühlt sich bei dieser Musik immer in eine gute alte Zeit zurückversetzt. Damals Schule und Studium und irgendwie gab es überall so viel zu entdecken und erleben. Da konnte er abends oder nachts mit Freunden in den Wald gehen und plötzlich standen Militärpolizisten mit angeschlagener MP vor ihnen, nur weil sie versehentlich zu nah an das Raketenlager gekommen waren, von dem sie natürlich nichts wussten und von dem damals auch niemand wissen durfte oder ein Hirsch röhrte nur wenige Meter entfernt, was wohl daran lag, dass sie im nahe gelegenen Wildwald herumstreunten. Oder sie erfuhren beim Durchsteigen einer wirklich gefährlichen Passage in der nahe gelegenen Tropfsteinhöhle, dass in der vorigen Woche dort jemand verunglückt sei. Überall lernte er damals neue und vor allem spannende Menschen kennenn, von denen manche ihn in späteren Jahren nicht mehr kennen wollten. (Nur weil sie Karriere gemacht hatten und er nicht? Oder lag es daran, dass andere das Angebot einer Dissertation angenommen hatten, das allerdings für ihn nie in Frage gekommen war? Lag es vielleicht daran, dass er Familie gegründet hatte? Heute ist ihm das eigentlich auch egal. Grübeleien bringen nämlich überhaupt nichts. Karriere war nicht seins, ist es auch heute nicht, in dem Wissenschaftssystem einer Uni zu arbeiten wäre wahrscheinlich auch nichts für ihn gewesen. Auch wenn er ein paar Mal daran ernsthaft gedacht hatte.) Er denkt lieber an die schönen Dinge zurück, die guten Erlebnisse oder die kleinen Abenteuer seines Lebens, von denen es eben nicht zu wenige gegeben hat. Daran klettern zu gehen und später mit dem besten Freund auf der Wiese zu sitzen oder zu liegen, in den Sonnenuntergang zu schauen, eine Zigarette zwischen den Fingern und dazu gute Musik zu hören. Was hatten sie die Violent Femmes geliebt. So hört er also auch heute wieder deren Musik und steht, während es draußen bitterkalt ist und die Vögel ihre Körner picken, am Kaminofen und hat seine Stellung gefunden: Er lässt sich den Hintern wärmen, trinkt guten Kaffee der Rösterei Hase / Münster und ja, erhört Musik von der alten gebrauchten Schallplatte, die ihm seine Söhne mit Anhang geschenkt haben. Danke dafür!

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