Regentage

„Natürlich gibt es diese Tage“, denkt Herr Nipp, „da möchtest du keinen Fuß vor die Tür setzen, schon allein weil du ganz genau weißt, dass der erste Schritt bedeutet, dass du nass wirst, weil der Regen nur so gegen die Scheiben pladdert und du das Gefühl hast, eigentlich müsstest du eine Badehose anziehen und in die Stadt hinausschwimmen mit dem Regen, wenn es denn nicht so unangenehm kalt dabei wäre und du eigentlich einen Neoprenanzug bräuchetst. Und genau an solchen Tagen musst du natürlich in die Stadt, weil irgendetwas ganz dringendes erledigt werden muss, das du Trottel die letzten Tage hättest schon machen können und völlig verbaselt hast, vielleicht aus Faulheit, wahrscheinlich aber in der tatsächlichen Absicht, es am nächsten Tag zu tun, ganz nach dem Motto: Was du heute kannst besorgen, geht eigentlich auch noch morgen. Und dann ziehst du dir die Schuhe an, die dicken, die kein Wasser sauegen oder hereinlassen, den wasserabweisenden Mantel natürlich auch und stehst in der Zarge der Haustür und merkst die feuchtkalte Luft und denkst, es wäre vielleicht doch besser, noch einmal rein zu gehen, dich vor den Kaminofen zu stellen und dich noch einmal richtig durchwärmen zu lassen. Diese besondere Strahlungswärme, die von dem holz kommt, das du vor zwei Jahren im Schweiße deines Angesichts selber geschnitten und gehackt hast. Damals im wissen, einst würdest du vor dem Ofen stehen und dich wohlig wärmen. Und dann machst du den ersten Schritt und plötzlich ist es eigentlich ganz okay da draußen zu sein, weil die Welt doch auf dich wartet und du auf sie und in dein Wohnzimmer käme sie nur über den Fernseher, den du ja seit Jahren abgeschafft hast und das Radio war heute auch nicht dazu in der Lage, ein Kino, einen Film oder auch nur einen winzigen Filmclip im Kopf zu schaffen.“ Da steht Herr Nipp vor seinem Kaminofen, der ihm wirklich einheizt, weil er ihn eingeheizt hat und weiß, dass er heute gar nichts im Ortszentrum zu erledigen hat und niemand ihn zwingen kann, da heraus in diese verdammte Nasskälte zu gehen und dann fällt ihm plötzlich siedendheiß ein, dass er doch versprochen hat, mit dem Hund der Nachbarin spazieren zu gehen.

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