Hybris

Herr Nipp, und das kann er abstreiten, wie er will, schaut nun einmal gerne Dokumentationen, auch Serien und Filme, aber das tut hier nichts zur Sache. Egal ob er sie bei den öffentlichen Sendern findet oder gar bei Streamingdiensten. Egal ob es historische oder ökologische, biographische oder technische Dokumentationen sind, ihn interessieren Natur, Kunst, Technik, Architektur, Geschichte, Archäologie, Länderkunde, Geographie, Aquarienkunde oder auch das Leben von berühmten Menschen. Wenn es nur in irgendeiner Weise, das heißt ansatzweise im Sinne von ansatzweise, interessant erscheint, dann sieht er hin. Gut, er schaltet auch ab, wenn die Dokus unglaubwürdig sind oder schlecht gemacht. Nichts ist schlimmer als offensichtliche Manipulation. Versteckt? Ok, damit muss er leben, denn die meisten dieser Filme arbeiten mit beeinflussender Musik im Hintergrund. Als sei das Wissen und Leben ein Spielfilm. Aber manchmal ist auch das eben so aufdringlich, dass er abschaltet. Das Schlimmste von allem sind allerdings rein kommentierende Beiträge, die nicht mit den Bilder im Einklang stehen. Glücklicherweise gibt es genug bessere Filmchen, so dass er auch bei Abschalten keinen Mangel leidet. Als Herr des Internets, wie er sich ähnlich der meisten „User“ fühlt, kann er in einem fast unendlichen Fundus surfen. Die besten Sendungen findet er natürlich bei Arte, jenem deutsch-französischen Kolaborationssender, der sich unter anderem auf die Fahne geschrieben hat, etwas für die Bildung der Menschen zu machen. Ja, auch bei ARD schaut er gerne mal rein, auch da finden sich gute Beiträge. Letztlich aber sah er bei einem Streamingdienst eine Doku über die Produktion von Trickfilmen, heute meist Animationsfilme genannt. Nicht jene, die zu hundert Prozent am Rechner erstellt werden, quasi als Abfallprodukt der Spieleindustrie. Es handelte sich über einen Film, der aus Ölbildern entstanden war, über den niederländischen Künstler van Gogh, ein gigantisches Projekt, an dem viele Künstler gearbeitet hatten. Wie faszinierend, wenn man die Originalbilder van Gogh „einfach“ animiert. Er hatte den Film selber in einem kleinen Kino in Lippstadt gesehen und war damals völlig baff nach Hause gefahren, überwältigt von der Bilderflut. Jetzt hat er sich vorgenommemn, selbst einen Film zu machen. Gleichzeitig zu erstellen, die Regie zu führen, zu produzieren, eigentlich alles, vielleicht auch die Musik, wahrscheinlich auch den Text zu sprechen, den es noch nicht gibt. Die Idee ist da, ist das nicht? Dazu hat er 648 Holzklötzchen bemalt, jeweils mit einer Farbe. Er wird außerdem einen Filmtisch mit Stativ bauen und dann die nächsten Jahre Foto für Foto seinen Film realisieren. Und ja, sein Ziel ist es natürlich, dass dieser Film irgendwann in einigen Programmkinos zu sehen ist. Und wer weiß, vielleicht fällt ihm ja auch noch eine Geschichte ein, bis alles fertiggebaut ist.

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