Er ist in die Stadt gegangen, er braucht bestimmte Stifte, die es dort nur in einem Geschäft gibt, das wahrscheinlich auch noch bald schließen wird. Was für ein Verlust auf ihn zukommt. „Da ist Corona durchgegangen,“ hatte ihm kürzlich eine Bekannte gesagt. Letztlich ist es aber anders. Dem Druck der Versender aus dem Internet halten letztlich nur wenige stand. Die Städte werden „amazoned“, anders gesagt vom Internet entleert. In der Stadt bezahlt der Kunde gesetzlich verordnet für jede Verpackung, im Internet wird die Verpackung vom Versender bezahlt. In der Stadt muss der Kunde die gewünschten Produkte selber abholen, das Internet bringt die Ware. In der Stadt muss der Kunde eventuell von einem Geschäft ins nächste gehen, im Internet ist alles auf dem selben Bildschirm zu finden. Nur Cafés können nicht virtuell ersetzt werden. Vor allem Läden, in denen man sich auf Schritt und Tritt beobachtet fühlt, in denen die Verkäuferin hinter einem steht, sobald der Kunde auch nur in den Sinn bekommen sollte, irgendetwas zu berühren, haben auf Dauer keine Chance. Kontrolle ist gut, sich beobachtet fühlen hemmt. Da entsteht dann schnell das Gefühl, welches auch vorkommen soll, wenn eine Galerie betreten wird. Es soll sogar Künstler geben, die diese Beklommenheit fühlen – beim Überschreiten der Schwelle zur Galerie.
Beklommen, ja, so fühlt sich auch Herr Nipp in der Stadt. Als hätte er gerade eine Galerie betreten. Da gehen ganz nah Menschen an ihm vorbei, so als wäre nichts, als habe es die Pandemie nie gegeben. Menschen betreten Geschäfte und setzen sich erst dann die Masken auf. Ganze Horden von Menschen gehen als Trauben durch die Straßen, sitzen dicht gedrängt vor Cafés und Eisdielen. Vielleicht war ja alles nur ein Albtraum? Haben doch diejenigen recht, die immer schon behauptet haben, dass alles ja gar nicht so schlimm ist? Oder hat sich Herr Nipp das alles nur eingebildet, als er sich wochenlang zu Hause eingeschlossen hatte und nur noch Nachrichten im Deutschlandfunk gehört hat? Die Menschen lachen, genießen das Wetter, die Bedienungen schwirren zwischen den Tischen hin und her. So lässt es sich offenbar aushalten. Geld wird bewegt, ausgegeben. Gelacht wird auch, viel, vielleicht manchmal etwas zu grell.
Herr Nipp schlängelt sich durch, erreicht das gesuchte Geschäft, setzt sich die Maske auf und tritt ein. Es hat sich nichts geändert, er greift nach den Stiften im Regal und will gerade zur Kasse gehen, da steht eine Dame hinter ihm, keinen Meter entfernt. „Kann ich Ihnen helfen?“
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