Das Herz des Gartens

Während er in den letzten Tagen mit Freunden im Garten gesessen hatte und ein zwei Bier getrunken hatte, traf ihn der Spott dieser drei Menschen heftig. Er mähe bestimmte Stellen des Gartens nicht aus, weil dort sicherlich irgendwelche seltene Pflanzen stünden, man dürfe ihm nicht im Garten helfen, weil sicherlich das falsche Kraut gezupft werde. Dabei haben die Freunde sogar Recht, sie wissen es nur nicht so richtig. Nein, da stehen keine super seltenen botanischen Kostbarkeiten, da wohnt eine Pflanzengemeinschaft, deren einzelne Arten er sehr schätzt, die er gerne vermehren und für den Garten schützen will. Deshalb wird eben die Wiese nicht jedes Wochenende auf Millimetermaß gestutzt, sondern einige Bereiche dürfen tatsächlich fast sechs Monate des neuen Jahres vor sich hin wuchern. Dort stehen zum Beispiel Schlüsselblumen, die erst aussähen sollen, oder auch Leberblümchen und natürlich sein großer Liebling, die Akelei. Einige Nieswurze haben sich dort angesiedelt und ja, da steht tatsächlich auch der vielgefürchtete Giersch, den er gerne im Vorbeigehen isst. Manchmal versucht auch er dieses Kraut einzudämmen, weiß allerdings im tiefsten Innern um die Zwecklosigkeit des Unterfangens. Sein Bruder hat einmal richtig bemerkt, dass der Giersch nur lachen könne und letztlich doch weitermachst. Alles Geschnittene wandert bei ihm auf einen der drei Komposter. Gestelle aus Holz, die einfach zusammengeschustert sind. Aus Abfallholz oder Paletten, sie halten eh nur wenige Jahre, bis sie selber verrottet sind. Einmal hatte ihm jemand einen Kunststoffschnellkomposter angeboten, aber er hatte abgelehnt. Bei ihm sollen Tiere drei Jahre in den Gartenabfällen leben sie zerkleinern und wieder für den Garten nutzbar machen. In der Zeit können sich sogar Nashornengerlinge zu ausgewachsenen Käfern entwickeln. Die Vielfalt der Kompostfauna ist gewaltig, von Schnecken und Würmern über Asseln und Springschwänzen zu Pseudoskorpionen, diversen Vielfüßlern und allerlei anderen Tieren, manchmal verirrt sich gar eine Blindschleiche dorthin. Die findet dort immer was zu fressen. Mäuse und Spitzmäuse hat er dort auch schon gesehen und einmal sogar ein Ratte. Die wirkte aber gar nicht fies. Herr widmet den Kompostern immer wieder seine Aufmerksamkeit, weil man soviel von ihnen lernen kann. Das Wichtigste ist vielleicht die Erkenntnis des Kreislaufes.
Dann merkt er wieder einmal, seine Gedanken sind abgeglitten, er hat nicht mehr zugehört und an den Garten gedacht. Herr Nipp lächelte seine Freunde an, kann mit dem Spott eigentlich doch ganz gut umgehen, denn er weiß, dass es immer für ihn schlägt, das Herz des Gartens, und ihn beruhigt.

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