Seife

Als Herr Nipp noch ein Kind war, das ist verdammt lange her, hat er seiner Oma zu Weihnachten ein Stück Seife geschenkt. Die packte das liebevoll verhüllte Mitbringsel vorsichtig aus, denn damals wurden Geschenkpapiere tatsächlich mehrfach verwendet, sah die Seife, sie roch daran, ganz tief und schloss dabei die Augen. Alle Umstehenden lachten und feixten über das kleine Geschenk. Ob die Oma denn wohl stinke oder ob er sich überhaupt Gedanken gemacht habe. Ob Oma ihm nichts wert sei und so weiter. Der kleine Junge damals war nicht nur überrascht. Sondern geradezu erschüttert. Das hatte er nicht erwartet. Schließlich hatte er von seinem kleinen Taschengeld relativ viel investiert. Prozentual sicherlich mehr, als viele andere Anwesende, auch wenn er das damals sicher nicht gedacht hatte. Es war ihm einfach als viel Geld vorgekommen. Nur seine Oma lächelte wie man so schön sagt „lieb“, war wirklich gerührt und schien einige Momente richtig glücklich.

Herr Nipp steht gerade am Waschbecken und seift sich die Hände ein. Er genießt den frischen Hauch von Zitrone, der ihm entgegen schlägt und muss wie jedes Mal, wenn er das inzwischen klein gewordene Stück Selbstgemachte Seife verwendet, an die Schenkerinnen denken. Wie immer ganz unerwartet an die wunderbare Weihnachtsfeier mit Grill, mit der er damals nicht gerechnet hatte, die ihm so gut getan hatte, auch wenn dort hauptsächlich fremde Menschen waren. Aber Gelegenheit macht neue Bekannte. Und da erinnert er sich auch an die Worte, die seine Oma damals gefunden hatte, um Herrn Nipp vor den Kommentaren der anderen in Schutz zu nehmen und ihn zu trösten: „Ab jetzt werde ich immer an dich denken, wenn ich mir die Hände wasche.“ Danke, denkt er.

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