Zur Ruhe kommen

Wieder und wieder sitzt Herr Nipp abends am Waldrand, hat sich eine Decke umgeschlungen und erlebt diese Ungeheuerlichkeit einer leiser werdenden Natur. Dann und wann noch eine schimpfende Schwarzdrossel oder die im Flug krächzende Rabenkrähe, auf dem Weg zum Schlafbaum. Ein Grünspecht hüpft über den Boden, hängt sich an den nächsten Zaunpfosten und sucht dort fast schon lustlos nach einem letzten Vornachtsnack. All die kleinen Tiere, deren Rascheln hier und zu hören ist. Dann plötzlich Stille. Einige Minuten scheint die Zeit Atem zu holen. Luftholen für die Nacht. Die Sonne ist längst hinter dem Horizont verschwunden. Die Farben nehmen einen sanften Ton an. Die Formen scheinen sich langsam aufzulösen. Verunklärung. Gleich wird ein Hase die Wiese erkunden, die zwischen Dorf und Wald ein Band zieht. Vielleicht erscheint auch noch ein Reh. Spätestens dann ist Herr Nipp aber von dannen. Das ist zuviel der Romantik. Auch er hat Atem geholt. Für die Nacht. Für sich natürlich und für die anstehende Arbeit. Wenn Yoga, wie er kürzlich hörte, bewusstes Atmen ist, dann ist Herr Nipp ein praktizierender Yogi. Ohne Körperverrenkungen.

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