Praktikumsbericht Teil 2

Das große Feuer der dreigeteilten Esse hat inzwischen die richtige Hitze. Der Schmied musste natürlich noch einmal alles richten. Er ist Rechtshänder und arbeitet anders als Herr Nipp. Auch der Amboss wurde in eine andere Position gebracht. Vor solch strotzender Kraft bleibt auch ein Schwergewicht wie dieses Stahl-Werkzeug nicht stehen, sondern weicht dorthin aus, wohin es soll. Fertig. Herr Nipp hat sich inzwischen einige glühende Kohlen in die kleinere Feuerstelle geschaufelt und wird dort üben, wie mal Stahl rollt, um Blüten oder Pflanzstäbe daraus herzustellen. „Mehr Kohlen rein, das Feuer darf nicht unter der Kante sein. Du muss das Feuer pflegen.“ Nach und nach hat der Schmied ihm in den letzten Wochen einige Techniken der Schmiedekunst beigebracht, die nun immer wieder mal geübt werden, Übung macht den Meister. Und echte Meister sollen bescheiden sein, sie bezeichnen sich selber nicht als Schmiede, sondern üben sich lediglich in Bescheidenheit; sie seien „ein Stück davon“. Das sagt sich so leicht, dabei ist es wirklich schwer und schwierig. Die Schläge müssen sitzen, alle Orte des Amboss´müssen genutzt werden und dann auch die Locheisen, auf denen das gerollte Metall später ausgetrieben wird, um das gewünschte Ergebnis zu erzielen.  „An den Rändern flacher und mehr Leben.“ Kurze Kommentare von der Seite, während der Schmied ganz in seine Arbeit vertieft scheint. “ Halt mal den Takt.“ Er muss diesen Auftrag fertig kriegen. Große geschmiedete Bänder für riesige Bogentore eines gerade in Restauration befindlichen Bauernhofes. Der Wechsel bei ihm zwischen Feuer, Amboss und Gesenkhammer wie ein rhythmisierter Tanz. Geschicklichkeit, das richtige Auge, fließende Bewegungen. Pure Kraft und feinfühliger Hammerschlag, Hingabe und Schweiß. Und trotzdem beobachtet er seine Umgebung, sieht alles und wenn etwas schief läuft bei den anderen ist er da. Kritisiert, hilft, findet die Lösung.
Zwei Stunden später hat auch Herr Nipp seinen Pullover ausgezogen, steht im T-Shirt an der Esse und hat das gute Gefühl, dass seine Klamotten nass sind. Er dampft. Es ist gut zu wissen, was der Körper alles kann, wenn er nur muss.
Nur an der Farbe des Werkstücks, den sprühenden Funken erkennt der Schmied, das etwas nicht stimmt. „Das ist verbrannt.“ Stimmt. Mist. Herr Nipp flucht und ärgert sich, dass er so unaufmerksam war. Nur wenige Sekunden zu lange in der Glut und schon ist eine Stelle verdorben. „Leg mal den Hammer weg. Wir machen Pause. Pausen sind wichtig.“ Darüber scheinen auch die anderen einig zu sein. Wer keine Pausen macht, kann sich nicht konzentrieren. Wer sich nicht konzentriert, macht schlechte Arbeit. Also ein weiterer Kaffee, eine weitere Zigarette und eine ordentliche Knifte mit Käse. Vor allem aber eine freundliche Atmosphäre. Nicht gerade heititei, sondern klare Worte. Für leeres Geschwurbel sind die Leute nicht.

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