Warten – erwarten – eher warten

Ein dumpfes Warten , denkt er, ist reine Zeitverschwendung. Dieses Dasitzen und letztlich darauf zu vertrauen, dass es passiert, etwas passieren muss, sich in Passivität zu versetzen und damit zum selbst erwählten Leidenden zu werden. Ein dumpfes Warten also kann für ihn nicht gemacht sein, auch wenn er wahrscheinlich schon so viele Monate eines Lebens eben nur damit verbracht hat. Er nutzt die Wartezeiten lieber, füllt sie bis zum Rand, ohne jegliche Mühe, ohne Stress und plötzlich erscheinen sie ihm sinngefüllt. War die Küche nicht noch aufzuräumen und vor allem, liegen da im Arbeitszimmer nicht alle Unterlagen durcheinander? Er wird in den paar Minuten natürlich auch weiterhin die Wäsche aufhängen, die im Keller die Waschmaschine belegt. Und die trockene Wäsche kann gefaltet und in den Schrank verfrachtet werden. Das Kissen des Hundes wird unter dem Sofa verstaut und mit dem Staubsauger reinigt er das Treppenhaus. So gesehen sind Wartezeiten wirklich gute Haushaltszeiten. Außerdem sieht die Wohnung jetzt viel besser aus. Tatsächlich hat er nach getaner Arbeit immer noch Zeit, denn die Frau, welche ihn abholen wollte, wird sich letztlich um über eine dreiviertel Stunde verspäten. Das war eingeplant. Von ihm andererseits nicht anders zu erwarten, so ging das früher schon. Er sitzt derweil gemütlich in seinem roten Ohrensessel und liest in dem neuen Buch, welches er sich vom nächtlichen Büchertrödelmarkt in der Innenstadt mitgebracht hatte. Sie aber ist im Stress. Völlig hocherröteter Kopf. „Tschuldige, ging nicht früher, ist noch was dazwischen gekommen. Ich musste noch die Wäsche aufhängen und die Küche sah aus, als hätte eine Bombe eingeschlagen.“

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