Der Tisch ist gefüllt mit Wasserflaschen. Er räumt sie ab, will sich setzen, braucht Platz für seine Zeichenmaterialien, schwere Blätter, feine Feder und Tusche, außerdem ein Aquarellkasten, Wassergefäß und Pinsel. Er möchte gerne ein Foto nachmalen, so genau wie möglich, so genau er es kann. Dabei stellt sich ihm gar nicht die Frage, was das soll, er will es einfach mal versuchen, das hat schließlich nichts mit Kunst zu tun, sondern mit Spaß am Tun. Zunächst arbeitet er mit einem harten Bleistift vor. Markierungen, wo was ungefähr angesiedelt sein soll. Das ist anstrengend und fordert genaues Beobachten. Ohne quadratische Auflösung, ohne Rasterung von Foto und Maluntergrund muss man die Beziehungen sehen, darf nichts dem Zufall überlassen, sonst wirkt alles verzerrt. Das ist Feinarbeit.
Er braucht einen Kaffee, die Konzentration nach der letzten Nacht fehlt einfach. Er hatte bei einer Freundin einen Besuch gemacht, war von ihr sehr herzlich empfangen worden. Unglaublich gut hatte ihr das schwarze kurze Kleid gestanden, eng anliegend am Körper, die Beine in schwarze Strümpfe gewandet, durchschimmernde Haut. Der Abend hatte geendet, wie es vorauszusehen war. Der Morgen danach auch, Kater. Ja, er brauchte jetzt ein Aufputschmittel, schwarz, stark und etwas bitteraromatisch.
Im Aufstehen noch stolpert er über eine der Wasserflaschen, strauchelt und geht zu Boden, als wäre er niedergeschlagen worden. Tatsächlich ein Tiefschlag im wahrsten Sinne. Der Versuch, sich noch an der Tischkante festzuhalten, misslingt, mit der Schläfe titscht er kurz die eichene Arbeitsfläche in seiner Küche. Es ist immer wieder faszinierend, wie schnell ein kurzer Schlag das Bewusstsein auschalten kann. Alles zu spät, den Aufprall auf dem Boden bemerkt er schon nicht mehr. Bleibt liegen für Minuten. Als er benommen wieder zu Regungen fähig ist, sich aufstemmt und sich in der Wohnung umblickt, als wäre sie die seine nicht, durchzuckt den Kopf ein heißer Schmerz. Verdammt. Er richtet sich auf, streicht seine Haare nach hinten, oder zumindest streicht er über den Kopf, auf dem sich keine Haare mehr befinden, macht sich zurecht.
Die Wasserflaschen müssen weggeschafft werden. Er sucht sich einen großen blauen Beutel von Ikea, in den all das Leergut passt, stopft die gesamten PET-Flaschen herein. Schneidet sich den Zeigefinger der linken Hand an einen Flaschenhals, der keinen Deckel aufweist. Pflaster drauf, was soll es jetzt noch.
Als er vor dem Automaten im Laden seines Vetrauens steht, stolpert noch ein unvorsichtiges Kind über die Tüte, so dass er alle Flaschen aufsammeln muss, der Automat ist voll und muss gewartet werden und der Bon wird nicht ausgedruckt. Wenn schon, denn schon. Und das mit dem Foto, welches er abmalen wollte? Das hat er natürlich zwischenzeitlich vergessen.