Ein ganz normaler Abend

Sie sitzen wie so oft in ihrer Lieblingskneipe, Herr Nipp und drei seiner Freunde, sehr gemischte Gruppe von 27 bis 74 Jahre alt. Es liegt nichts Besonderes an, da wird ein wenig über Kunst, auch Literatur gesprochen, einige aktuelle Filme, die geguckt werden wollen, und Vorhaben, die mit Tat zu füllen sind, werden durchgesprochen. Auch tauschen die vier Unermüdlichen einige Termine und Bücher aus.“Der ist so gut, da musst du rein und Montag ist Kinotag, da komm ich mit.“ „Die ist so gut, die musst du sehen, vor allem die großen Formate haben es mir angetan.“ „Das ist so gut, das musst du lesen, habe es gleich mal eben mitgebracht.“ Er zeigt noch kurz einen Eintrag im Kalender. Sie spielt schnell einen Film auf dem Smartphone ab. Es ist wie jede Woche unspektakulär, gerade das aber lieben sie, da gibt es keine großen Sprüche und niemand hat es nötig sich hervorzutun. Einige wenige Menschen. Viele wichtige Dinge. Jeder mag den anderen. Rivalitäten gibt es nicht. Wozu auch?
Die Durchmischung dieser Gruppe fällt aber den anderen Anwesenden durchaus auf. Sie schauen immer wieder herüber, manchmal verstohlen, manchmal auch demonstrativ. Man will wohl wissen, was diese Gruppe zusammenhält, dazu treibt, gemeinsam ihr Ding zu machen. Die vier kümmert das nicht. Irgendwer wird schon dahinterkommen. Irgendwie ist das schon zu bewerkstelligen. Irgendwann fängt einer der anderen an, auf Kosten einer Begleiterin Herrn Nipps irgendwelche sehr faden Witzchen zu reißen. Die Thekenmannschaft grölt nicht leicht angeheitert, sondern schwer betrunken schon jetzt am frühen Abend. Sie wollen in ihrer penetranten Aufdringlichkeit Aufmerksamkeit, die bekommen sie – aber erst als einer der Lacher vor Haltlosigkeit das Gleichgewicht verliert und selber Lachen erntet, als er in seiner eigenen Lache liegt.

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