Gezeitengespräch IX

Zeitnah (kurz im Interim): Fatal wäre es, vom Einzelnen auf eine ganze Epoche zu schließen. Das Fallen aus der Zeit ist natürlich nur gedanklich möglich. Erwartest du etwa, dass alle anderen die Welt mit deinen Augen sehen, deinen Ohren hören, deinen Händen fühlen? Dass sie schmecken und riechen wie du? Sogar ihr Gleichgewichtssinn ist ein anderer. Wie soll es da erst mit ihrem Wehmutssinn  und ihrem Sinn zum Sehnen aussehen? Du verstehst deine Welt hier und hier und hier und jetzt in unserer Zeit. Da hast auch du keine Chance herauszufallen.

Zeitfern: Nä. No. Nein…Naja, du hast recht, Romantik vernebelte meine Gedanken. Doch der Sommer war lang. Da flog eine Libelle knisternd vorbei. Nirgends ein Teich. Hin, her, rauf, runter. Wirkte für mich ziellos. Doch ja, sie flog diesen romantischen Flug. Wie immer. Und wie immer für meine Augen. Für mein Gefühl. Auch deins. Weil wir nicht willkürlich sind, sondern es so sehen wollen. Und die Skelette zittern in der Erde. Da waren andere Gefühle Norm. Die Zeit reißt diese Bruchstellen. Also gibt es diese Sollbruchstellen nicht willkürlich, sondern weil wir es so wollen. Wie machen wir weiter? Mit Macbeth, der Wald kommt. Oder grölen wir über Leinwände mit dem dicksten Pinsel. Oder fallen wir zurück auf die alten Orte. Leichtfüßig ohne Füße.

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