Aktionskunstfantasien

Manchmal lassen Künstler ihren Gedanken freien Lauf, das wusste Herr Nipp, er hatte es häufiger selbst erlebt. Bei seinen Atelierbesuchen war er oft genug in eindeutige Auseinandersetzungen geraten, in denen sich die Artisten verbal Dinge an die Köpfe warfen, die im Realzustand tiefe Wunden geschlagen hätten. Und nur wenige Minuten später musste er dann erleben, dass eben diese Kontrahenten in innigster Harmonie zusammen arbeiteten, als wäre niemals etwas geschehen. Sie lachten einander zu, gingen sich zur Hand. Nicht nur Illusion. Am schönsten waren dann Diskussionen, die völlig sinnfrei geführt wurden. An diesem Abend saßen drei von ihnen zusammen, die hatten sich ganz existenzialistisch schwarz gekleidet. Zum Teil sogar recht feiner Zwirn. Wenn man bedenkt, wie schnell man sich beschmutzen kann, wo Farben auch nur etwaig gelagert werden, dann musste man sich schon wundern.

Eine Veranstaltung mit wichtigen Leuten war der Anlass. Man hatte mit ihnen gesprochen,  eine Rede gehalten, Werbung für die eigene Arbeit gemacht. Wir sollten mal eine Ausstellung mit Tieren machen.“ „Es gibt doch kaum etwas langweiligeres als Tiere zu malen.“ „Oder Objekte zu machen, wahrscheinlich dann so ein Zeug wie die Fritsch oder gar Hörle?“ „Nein, so richtig mit Tieren.“ „Ja, stimmt, man könnte die Leute einladen zur nächsten Ausstellung ihre Tiere mitzubringen.“  „Dann musst du aber hinterher alles sauber machen, weil die überall hingemacht haben.“ „Wir streuen alles mit Stroh aus,  sieht doch auch ziemlich klasse aus.“  „Dann kommen fünf Leute mit Hunden und du kannst dich nicht mehr unterhalten.“ „Nein, wir sprechen mit den Kleintierzüchtern, die sollen ihre Tiere hier frei laufen lassen, mit denen haben wir noch nie zusammen gearbeitet.“ „Ein Esel wäre nicht schlecht, Titel der Ausstellung wäre dann GRAU.“ „Habe ich schon lange nicht mehr gesehen, einen Esel, aber kürzlich gab es beim Weinhändler sehr leckere Eselsalami.“ „Du musst auch immer ans Essen denken.“ „Ist auch wichtig.“  Vielleicht könnte man den Esel ja schächten.“ „Dann musst du aber das Blut trinken.“ Soll gar nicht so schlecht schmecken, habe ich gehört.“ „Graugänse wären auch nicht schlecht.“ „Gänseleberpastete.“ „Oder Hühner?“ „Oh ja, dann spielen wir den Störtebeker nach, die können doch so herrlich fliegen, nachdem sie geköpft wurden.“ „Und auf dem Boden wird eine große Leinwand ausgelegt.“ „Und die Besucher müssen weiße Kleidung tragen.“ „Und hinterher werden die Hühner gebraten.“

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