Kleine Kindlichkeiten

Morgens, wenn die Wolken fliehend über das Himmelsblau huschen, kann es Herrn Nipp nicht zu Hause halten. Durch das Fenster hatte er fast sehnsüchtig die Wettersituation betrachtet. Der Wind schien durchaus Kraft und vor allem Geschwindigkeit zu haben, das macht es meist spannend schön. „Schon wenn die Tür geöffnet wird, kann das Gesicht diesen besonderen Druck auf der Haut wahrnehmen, manchmal gepaart mit winzigen Tröpfchen oder eisigen Flöckchen, denn Schnee scheint dieses Jahr nicht im Rahmen des Möglichen zu liegen. Man mag darüber spekulieren, aber das hilft wahrscheinlich gar nichts. Da Anfang Februar Temperaturen um die zehn Grad plus erreicht werden, wird auch kein Winter einsetzen“, dachte Herr Nipp. Ganz freudig verspielt wickelte er sich den langen selbstgestrickten Schal um den Hals und ließ ihn über das Kinn reichen. Auch wenn dies völlig übertrieben war, er hatte einfach Lust dazu. Natürlich war der Schal nicht von ihm selbst gestrickt, aber von einer guten Freundin. Schon auf den ersten Metern kam ihm alles so verwundert leicht vor. Drei Männer beobachteten ihn mit spöttischem Gesicht aus einer Garage heraus, in welcher sie gerade über einen BMW sinnierten. Es ist ihnen einfach schöner, über das weitere Tuning eines fahrbaren Untersatzes nachzudenken, als zu Fuß dem nächsten Fluss entgegen zu laufen. Nur wenige Meter weiter entdeckt er eine Schote des Goldregens, welcher jeden Frühling das Bild der Straße prägt. Eingeklemmt zwischen zwei Steinen liegt diese in der Fahrbahnrinne. Verwundert genießt er den Kontrast zwischen organischen Formen und dem Beton.

Etwas später liegt ein kleiner abgeschabter Gummiball in der Gosse. Herr Nipp treibt ihn mit den Füßen vor sich her. So geht es bis zur Marktplatte, dort überlässt er den anwesenden Kindern das Spielgerät. Am Fluss findet er kurz darauf einen fast perfekt runden Stein, den er als Handschmeichler aufhebt und im Wald liegt ein bunter eingebeulter Basketball. Manchmal erscheint ihm die Welt als Kinderspiel.

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