Die Kiste V

Alle Möglichkeiten würden ihm in Zukunft offen stehen, zumindest solange die Kiste noch Blätter enthielt. Aber nach jetzigem Stand war die Leere nicht unbedingt zu befürchten, das würde sich in kurzer Zeit nicht ändern. Immer wieder sollte ein Zettel als Tagesmotto gezogen werden, hatte er sich überlegt. Zuweilen, das muss hier einfach mal gesagt werden, kam dabei auch grober Unfug heraus: “ – wie es ist – geht nur- aber – alles so zu nehmen- nun mein Rat „. Das hörte sich nach altertümlichen Floskeln an – auch wenn sie Herrn Nipp irgendwie etwas bekannt vorkamen, er konnte die Bedeutung nicht erschließen. An solchen Tagen, wenn sich ihm der Sinn partout nicht erschließen wollte, ging er zumindest etwas unglücklich aus dem Haus. Hatte er doch den Freunden gegenüber behauptet, jedes Zettelchen verberge einen Sinn. Nicht immer auf den ersten Blick, manchmal konnten erst Umstellproben darlegen, was hier gemeint war. Abends, wenn er dann heimkehrte, setzte er sich noch einmal in aller Ruhe nieder und machte seine Proben. Was, wenn man nur die ersten Buchstaben zusammenfügte, oder die zweiten, dritten. Nein, weigtnasznnmr sollte ebenso Blödsinn bleiben wie isseubloueuea. Spät abends dann im Theater ging ihm der Sinn dann aber auf, als Nathan der Weise seine Ringparabel zum Besten gab. Da heißt es: Und also, fuhr der Richter fort, wenn ihr nicht meinen Rat, statt meines Spruches, wollt, geht nur! – Mein Rat aber ist der: Ihr nehmt die Sache völlig, wie sie liegt. Hat von euch jeder seinen Ring von seinem Vater, so glaube jeder sicher seinen Ring, den echten.

Der Verfasser der Kiste hatte also sich auch im reichen literarischen Schatz bedient, zu welchem Zwecke aber, sollte weiterhin schleierhaft bleiben. Jedem Tierchen sein Pläsierchen, jedem Menschen aber seine Religion. Determinismus pur.

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