Ambrosia (geschrieben 2012)

Mit seinen beiden Wanderfreunden fährt Herr Nipp zwischen Ruhr und Autobahn den Ruhrradweg in Richtung Haus Füchten, traumhaftes, leider nie richtig renoviertes Anwesen. Immer schön ruhrabwärts. Manchmal schweigen sie, genießen die Landschaft, den Lärm der nebenan rasenden Autos und Schwertransporte haben sie effektiv ausgeblendet. Selektive Wahrnehmung. So kann man Natur erleben, sich ganz der Freude an der Landschaft hingeben. Und irgendwann glaubt der Radfahrer wirklich, durch die unberührte Natur zu radeln, sieht man einmal vom asphaltierten Weg ab, der ein leises rumpelfreies Dahingleiten und elegante Ausweichmanöver ermöglicht, wenn sich einmal Wanderer hierhin verirrt haben.

Erst dann, wenn irgend jemand auf den Lärm aufmerksam macht, ein Irgendjemand, der selektiv eben nur die Motoren wahrnimmt, dann wird sich die entspannt erlebte Ruhe zu einem Lärmteppich ausweiten. Dann werden die Radfahrer vielleicht das Weite suchen wollen, indem sie ab Haus Füchten auf die andere Ruhrseite oder Richtung Berghöhe wechseln. Um durch die kleinen Dörfer zu fahren und letztlich doch wieder ein Gleiches festzustellen. Dem automobilen Verkehr kann man in einem Staat, der sich etwas auf eine perfekt funktionierende Infrastruktur einbildet, ein dichtes Straßennetz, unterbrochen von Schienenstrecken und viel zu seltenen Wanderwegen, nicht entkommen. Eine Infrastruktur, die wohl maßgeblich für den wirtschaftlichen Erfolg des Landes verantwortlich ist. Das soll kein Herummosern sein, aber wer es nicht schafft, den überall anwesenden Dauerlärm auszublenden, der ist hier verloren. Der wird wohl an seinem  unvermeidbar zu erleidenden Tinitus leiden. Wer dieses Selektieren allerdings ganz aktiv angeht, der wird die wundervolle Parklandschaft Deutschlands und besonders des Sauerlandes genießen können. (An dieser Stelle, lieber C.M.L., wirst du wahrscheinlich die Augen nach oben verdrehen.) Und manchmal kann man dann sogar im Frühling echte Unkenrufe vernehmen und die sind gar nicht schlimm.

Die Pflanzen in der renaturierten Flusslandschaft haben es ihnen angetan, diese wiederentstandene Vielfalt, auch wenn im Herbst das Meiste schon verblüht ist oder in einen gleblichen Absterbensprozess übergeht. Sie werden aufmerksam auf die Unmengen an Neueinwanderern der Pflanzenwelt. (Exkurs; Wissen für Schlaumeisen: Von den derzeit 1007 katologisierten Arten (auch Neophyten genannt) sind aber wohl lediglich 30 problematisch, weil schnell ausbreitend und werden daher auch als invasiv bezeichnet. Ja ja, das Zwischenetz kann einem so manche wertvolle Information liefern.  – Glauben sie ja nicht, lieber Leser, der Schreiber dieser Zeilen wüsste auch nur irgendetwas über das, was er hier beschreibt,  selber. Nein, er hat noch nicht einmal ansatzweise ein entferntes Interesse daran. Wir wissen ja gemeinsam, dass solche Themen nur äußerst selten auch nur am Rande in seinen Texten Erwähnung finden. Natur an sich ist für ihn ein großes Fremdes, ein Mysterium, dem er sich auch niemals öffnen würde, eben weil es fremd ist. Und was der Bauer nicht kennt, das isst er nicht. Und alles, was mit Umwelt zu tun hat – mal ehrlich…)

Großes oder  drüsiges Springkraut, welches wunderschöne rosafarbene Blüten trägt und sehr dekorative Stiele ihr Eigen nennt, welches allerdings auch einen unerträglich süßlichen, vor allem unangenehm aufdringlichen Duft und die Samen in die Welt schleudert. Es erscheint einem Vorbeiwanderer fast, als sei eine schöne Frau, die Pflanze, in ein Parfümfass gefallen. (Angeblich kann man aus den Blüten sogar eine köstliche Marmelade kochen, ein Rezept hierzu findet sich auf der Seite blütenmarmelade.de, die natürlich ganz anders heißt.) Dann finden sich neben diesen Blütenteppichen immer wieder solitäre Herkulesstauden, die mancherorts auch Riesenbärenklau genannt werden, ich möchte den Leser mit dem lateinischen Namen (Heracleum mategazzianum oder Heracleum giganteum) verschonen, mit ihren riesigen Blättern und tellerartigen, doppeldoldigen Blüten (hier merkt man wieder einmal, dass es gut ist, wenn ausreichend Bücher vorhanden sind und vor allem jene lexikalische Seite zur Verfügung stehen, die von abertausenden Schreiberlingen in  den letzten Jahren aufgebaut wurde und dazu beigetragen hat, dass Brockhaus keine Lexika mehr druckt. Auch wenn manchmal neben der vielbeschworenen Schwarmintelligenz der Eindruck von Schwarmdummheit entsteht, immer dann nämlich, wenn in den Diskussionen einige Trolle glauben, man müsse bei jeder Kleinigkeit auf festgelegte Mechanismen verweisen und bei Nichteinhaltung löschen. Schreiber, die wirklich daran glauben, dass einmal entstandene Regeln sich nicht weiterentwickeln können. Entschuldigen sie bitte, ich komme mal wieder vom Thema ab. Dabei sollte dieser Text laut Skizze wirklich nicht länger als zwanzig Zeilen werden. Na immerhin habe ich bereits  bis zur zehnten Zeile gebracht, er neigt sich also fest versprochen dem Ende zu.), die immer wieder Menschen mit gmeinem Gift attachieren, das photoaktiv ist. (Nein, so kann es wirklich nicht weitergehen, da werden einem die Texte  durch Einfügungen auseinander gerissen, demnächst müssen Fußnoten eingefügt werden, auch dies sei fest versprochen, ich muss nur noch herausfinden, wie das möglich sein könnte. Gerade lese ich so ein Buch, bei dem die Fußnoten einen größeren Raum einnehmen, als der eigentlich Text. Dabei ist tatsächlich beizeiten spannender nur den Metatext zu lesen, denn hier erfährt man doch mehr als erwartet. Und eines steht ja wohl fest: nur wirklich Gebildete, Universalgelehrte brauchen solche weiterführenden Unterweisungen und Verweise nicht.)

…an dieser Stelle sei der Text abgebrochen, denn das eigentliche Ende hatte irgendwas mit Ambrosia und einem Reifenplatten zu tun und ich weiß einfach nicht, wie das jetzt noch mit Herrn Nipp zu verbinden ist, denn der hat definitiv keine Allergie gegen Pollen. Im Gegenteil, er kann sich auch an Neophyten erfreuen, denn er glaubt auch nicht daran, dass die Natur sich nicht weiter entwickelt. Er liebt zum Beispiel Äpfel, Pflaumen und Birnen, die definitiv nicht einheimsch sind, sondern von den Römern eingeführt wurden, aber das ist ein ganz eigenes Thema oder wie Michael Ende schreiben würde, ein andere Geschichte, die später noch erzählt werden muss. Er glaubt an das Verdrängen von Pflanzen und Tieren, ähnlich wie er bei jenem Lexikon an neue Regeln lexikalischen Arbeitens glaubt.

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