Stuhlkreis

„Stell dir vor, da sitzen vier junge Menschen. Eine unglaublich attraktive Frau und drei ebenso ansehnliche Männer. Vielleicht könnte man auch sagen Mädchen und Jungs, aber ich weiß gar nicht, ob das heutzutage noch erlaubt ist. Es sind ja alle so feinfühlig geworden oder besser gesagt empfindlich. Da kommen Zwei weitere schöne Frauen dazu, man könnte fast glauben, das ist eigentlich ziemlich unrealistisch.“ „Mann, komm auf den Punkt.“ Sein Freund schwafelt und redet und dreht sich in seinen Darstellungen im Kreis. „Jedenfalls zücken sie im Stuhlkreis sitzend ihre I-pads und fangen an zu lesen.“ „Ja…..und?“ „Und und und. Und plötzlich stehen sie auf und spielen Theater und alle haben die Augen geschlossen und trotzdem stolpert niemand. Das sah wahnsinnig aus.“ „Das war die Blindenschauspielgruppe des hiesigen Gymnasiums.“ „Wirklich?“

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Malen

Zu einem offenen Malen ist er eingeladen worden. Von einer Freundin versteht sich. Frauen sind für vieles wesentlich offener und mal ganz ehrlich, das ist, denkt er, sicherlich irgend so ein esoterischer Quatsch. Oder ein Treff zum Sektchenschlürfen mit Pinselquälerei. Er selbst hat seit Jahrzehnten keinen Pinsel mehr in der Hand gehabt, es sei denn zum Wohnungsrenovieren. Und ja, er lässt sich überreden mitzugehen. Es handelt sich schließlich um seriöse Veranstalter und er wird überrascht. Da finden sich tatsächlich Frauen und Männer, die ernsthaft diskutierend und sich gegenseitig helfend an den Arbeitstischen stehen und Bilder konzipieren. Nebenbei werden sicherlich auch einige Glas Wein verkonsumiert. Im Mittelpunkt allerdings steht eine tiefgreifende Auseinandersetzung mit der Materie. Als er spätabends nach Hause geht, hat sich sein vorurteilsbeladenes Bild verflüchtigt. Ja, auch zum nächsten offenen Malen wird er kommen. Selten hat er in den letzten Monaten so interessante Gespräche gehabt.

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Planung

Erst wenn ich mein gesamtes Leben einen Monat im Voraus geplant haben werde, denkt er, ist alles perfekt. – Und langweilig – also wird das bei ihm niemals vorkommen.

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auf die Schnelle

Den ganzen Tag hat er sich davor gedrückt, gleich kommt der Besuch und er hat nur noch wenige Minuten Zeit. Auf die Schnelle holt er den Staubsauger aus dem Kabuff, das eigentlich sein Schlafzimmer ist und ziemlich groß, also nichts mit der Vorstellung eines Kabuffs zu tun hat, stöpselt den Stecker in die Dose und saugt wie ein Teufel oder auf Teufel komm raus, egal. Die ganze Bude, die keine Bude im herkömmlichen Sinne, sondern eine veritable Wohnung ist, staubfrei, kein Krümelchen mehr. Auf dem Weg zur Haustür wenige Minuten später stößt er versehentlich den Topf mit der Avocadopflanze um. Sch…

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Roman

Es wäre doch wirklich schön, einmal einen Roman zu screiben, denkt er noch, als die ersten Freunde zu Besuch kommen. Einer nach dem anderen trudelt herein, nimmt sich ein Getränk. Es ist für alle gesorgt, auf der Terrasse stehen mehrere Kästen mit Bieren und nichtalkoholischen Getränken, auf dem Tisch stehen Gläser und Rotwein und jeder weiß, dass im Kühlschrank mit Sicherheit auch eine Flasche Weißwein zu finden ist. Nur Rosé gibt es nicht, der ist Herrn Nipp zu unentschieden. Er ist der Meinung, dass diese Ausprägung von Wein keinen eigenen Charakter hat, aber das hat wahrscheinlich nur etwas damit zu tun, dass die Rosés, die er als junger Erwachsener konsumiert hat einfach billig waren, im Preis wie im Geschmack. Die Gruppe genießt das Essen, es gibt ein Gulasch aus Rehfleisch. Lange gekocht, auf dem Kaminofen im Gussstahltopf. Tatsächlich bleibt kein Auge trocken oder anders gesagt nichts übrig. eigentlich hatte er ja geplant, dass er auch am folgenden Tag noch etwas davon hat. “War es zu wenig?“ Betretenes Schweigen. “Klar war es zu wenig, sowas kriegt man ja nicht jeden Tag und da ist es schwierig aufzuhören.“ Zustimmendes Nicken. Hm, da hat er wohl etwas falsch gemacht. Das darf niemals passieren, dass nichts übrig bleibt. Besser ist es zufragen, ob es vielleicht nicht geschmeckt habe, es sei ja noch so viel übrig.

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