mal eben gehen

Er merkt schon selbst, wenn sich Menschen in seiner Gegenwart irgendwie unwohl fühlen. Das ist nichts Schlimmes, denkt er dann, nicht jeder kann damit umgehen, dass man lieber die Wahrheit sagt, als sich mit geheuchelter Nettigkeit einzuschmeicheln. Herr Nipp glaubt wirklich, dass die Leute ihn lieber mit seiner ehrlichen Meinung kennen sollen. Wer ihn dann trotzdem noch mag, mit dem kann er selbst wahrscheinlich etwas anfangen. Aber es passt eben nicht immer, eine verhaltene Stimmung breitet sich aus, dann findet er einen guten Grund, sich freundlich zu verabschieden. Vielleicht hat er noch einen weiteren Termin, zu dem er jetzt zu früh kommt, vielleicht aber muss er auch einfach nach Hause, weil sonst der Ofen ausgehen würde und gerade an diesem Tag ist es schließlich furchtbar kalt. Zu Hause angekommen, legt er tatsächlich Holz auf, kocht sich auf der Ofenplatte dann Wasser für zwei Tassen Tee, Fenchel und Apfel, legt eine Scheibe auf, setzt sich gemütlich in einen der beiden schwarzen Ledersessel aus den 60ern und schnappt das nächstbeste Buch. An diesem Abend liest er „Die kürzeste Geschichte der Zeit“ von Stephen Hawking. Dazu passt die Musik von Botticelli Baby wirklich wunderbar. Zeit und Raum einfach erklärt, das kann sogar er verstehen. Und das ist so spannend, dass er den Tee kalt werden lässt.

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