Hell

„Das darf nicht wahr sein!“ Herr Nipp kneift seine braungrauen Augen zusammen, tastet sich vorsichtig durch den seltsam leeren Raum. Ohne seine Brille, die er viel zu selten trägt, kann er sich normnalerweise recht gut orientieren, denn, da seien wir einfach mal ehrlich, so blind, wie ihm oft vorgeworfen wird, ist er gar nicht. Im Gegenteil beweist er sich immer wieder als sehr genauer Beobachter. Selbst nachts, wenn er mit Vergnügen seine kleinen Spaziergänge durch dunkle Stellen der Stadt und des Waldes macht, ganz einfach, weil er nicht glaubt, dass von solchen Stellen Gefahr ausgeht, sondern von denen, wo sich viele Menschen aufhalten, kann er sich recht mühelos zurecht finden, ohne dass der Raum ihm ein Mysterium wäre. Mögen die Filme uns auch gerne ganz anderes vermitteln. Da werden dann Menschen an einsamen Stellen überfallen – mal ehrlich, warum sollte dort jemand lauern? Aber hier und jetzt hat ihn die Realität mit einer widerlichen Blindheit geschlagen. Ein geradezu beißendes Licht, jeden Blitz einer Atombombe einfach mal so in den Schatten stellend, schmerzt in seinen Augen, zieht sich pulsierend und krampfend bis ins Hirn. Ja, tatsächlich, er hat das Gefühl einer verzerrenden Hirnerleuchtung. Au man. Rote Flecken ziehen über den irrealen Himmel, als er sich gerade zu gewöhnen beginnt, doch die Landschaft wirkt mehr als unwirklich, so als habe man ihn in ein Versuchsfeld der Wahrnehmungsmöglichkeiten geworfen, durchzogen von rötlichen und bläulichen Schlieren, von schwarzen Spritzern. Wo war er hier hin geraten? Er zuckt zusammen, jemand legt ihm sanft eine Hand auf die Schulter. Eine vertraut und vertrauenserweckend sanfte Stimme legt sich auf sein aufgewühltes Gemüt: „Du darfst jetzt zurückkommen, die Hypnosetherapiesitzung ist beendet.“

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