Unter Gärtnern

Herr Nipp kennt es aus den diversen Klassentreffen, die er im Leben schon hinter sich gebracht hat. Zum fünften Abijubiläum, zum 10. und zum 22. . Da gibt es Menschen, meist Männer, die sich gegenseitig einen vormachen, was sie denn so alles erreicht haben. Meine Frau, meine Kinder, mein Auto, mein Haus, meine Karriere, mein Segelboot oder meine Yacht. Irgendwie hat Herrn Nipp das immer schon angewidert, denn, mal ehrlich, was soll das? Ihn hat damals eher interessiert, wie die Leute, mit denen er nie so ganz viel anfangen konnte, denn wohl heute ticken. Gute Gespräche sind ihm wichtiger. Glücklicherweise hörte er neulich, dass alle diese Angebereien ab dem 30. Jubiläum sowieso hinfällig werden. Die ersten Schulkollegen sind dann in die ewigen Jagdgründe gezogen oder haben sich ins Walhalla gesoffen. Unfälle, Krebserkrankungen und Suizid, alles kommt auf den Tisch. Wie auch immer, allmählich beginnt der Ausdünnungsprozess und jeder merkt, dass sie oder er Glück hat, noch zu leben.
Kürzlich allerdings musste Herr Nipp erleben, dass auch unter Kleingartenbesitzern solche Aufschneidereien bestehen. „Meine Tomaten“, meinte letztlich eine Bekannte,“haben inzwischen die ersten Früchte angesetzt.“ Darauf ein anderer: „Jetzt erst? Also meine verfärben sich teilweise schon. “ Da musste Herr Nipp dann breit grinsend noch einen drauf setzen: „Und wie schmecken euch meine Tomaten, die ihr gerade als Salat esst?“ Auf das zweistimmige „WAAAS?“ beruhigte er sie: „Hey, meine Tomaten blühen gerade erst und wahrscheinlich werde ich im Herbst ersten können, wenn sie nicht von den Schnecken gefressen sind, aber das ist völlig egal, denn vorher bekomme ich mit Sicherheit welche von euch. Diese hier sind übrigens vom Markt und wurden in einem Folientunnel biologisch gezogen.“

Dieser Beitrag wurde unter Allgemein veröffentlicht. Setze ein Lesezeichen auf den Permalink.