Kleine Dinge 2

Immer wenn es die Zeit zulässt oder gegebenenfalls das Wetter, verbringt Herr Nipp einige Stunden im Garten. Mal döst er auf der Sonnenbank, die er sich nach Vorbild solcher Gerätschaften an diversen Talsperren selbst aus Resthölzern angefertigt hat, neben sich ein kühles Getränk, noch lieber allerdings schnippelt er, gräbt oder beobachtet. Gärten können sehr spannend sein, wenn es sich nicht um mit Plastikfolien durchsetzten Stabmattenzäunen gesicherte Arbeitslager handelt, deren innenliegende Rasenfläche täglich wie nächtlich automatisch durch Igelschredder gekürzt wird. Traurig aber wahr, seit etwa zwei Jahren hat niemand mehr die stachelbewehrten Insektenfresser in der Nachbarschaft gesichtet. Das muss wohl auch die Zeit sein, seitdem dort solche Mähroboter zum Einsatz kommen. Ja, auch Herr Nipp mäht die Bereiche um den Gartenteich, die täglich begangen werden, aber nur selten. Der Rest des Gartens wird gesenst oder gerupft. Tatsächlich hat sich, seit er dieses System eingeführt hat, nicht nur die Vielfalt der Pflanzen erhöht, auch die Insektendiversität ist nahezu stabil geblieben. Einziger Nachteil ist zugegebenermaßen, dass es auch viele Schnecken gibt, aber daran will er nichts ändern. Entweder das regelt sich von allein oder eben nicht. Schneckenkorn ist ein Tabu. Umso mehr freut er sich, wenn plötzlich eine Pflanze zum Vorschein kommt, die er noch nicht kennt oder ein Käfer, den er wirklich noch dort gesehen hat. Rosenkäfer etwa. Da kann er dann die Zeit vergessen. Als vor einem Jahr eine Akelei auftauchte, die ein ungewöhnlich klares Hellbau ihr eigen nannte, musste er sie allen Besucher stolz zeigen, auch wenn es nur eine Varietät und keine neue Art war. Die meisten hatten kein Verständnis für seine Begeisterung.

Dieser Beitrag wurde unter Allgemein veröffentlicht. Setze ein Lesezeichen auf den Permalink.