Besuch

Er hat gerade eine alte Schallplatte aufgelegt, als es an der Tür klingelt. Eigentlich hatte er geplant, in aller Gelassenheit im Wohnzimmer zu sitzen (vor dem Kaminofen), in dem neuen Roman zu lesen und den Alltag eben Alltag sein zu lassen und nun steht da jemand vor der Tür und will wahrscheinlich irgendetwas von ihm (Die Wahrscheinlichkeit, dass es sich um jemand handelt, der sich im Haus vertan hat oder dass es ein Paketbote ist, gestaltet sich als unglaublich unglaublich und damit höchst unwahrscheinlich. – sind solche Sinnloskonstruktionen von Sätzen nicht wirklich schön?) Im schlimmsten Fall ist es ein Freund oder gar Verwandter, der mit ihm sprechen will, du weißt schon, eines dieser wirklich wirklich langen Gespräche, die irgendwann in der Nacht enden und dann liegt man sich zum Ende in den Armen und drückt ein paar Tränen heraus. Echt, dicke Kullertränen. Nicht weil alles so traurig ist, sondern weil man wirklich glücklich ist. Die eine Seite, dass die andere Seite nun doch endlich mal abhaut und man zwar nicht mehr lesen kann, dafür aber ins Bett, die andere, weil sie zumindest für die letzten sieben Stunden offene Ohren eines so sensiblen Zuhörers gefunden hatte, der auch noch zwei richtig gute Flaschen Wein auf den Tisch gestellt zu haben, sich gemüßigt gefühlt hatte.

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