Farn wohl

Der Herbst ist inzwischen weit fortgeschritten, Spätherbst würde sein Vater sagen, wenn er denn noch lebte. Auf einer seiner Wanderungen, die er immer noch stoisch Spaziergänge nennt, einfach weil er nicht wahrhaben will, dass es durchaus lange Wege sind, die er da geht, kommt er an einem ehemaligen Wald vorbei, Fichtenbruch sozusagen, die entstandene Lücke ist völlig überwuchert und jetzt braun. Ein schöner Farbton, der in der schräg stehenden Sonne leuchtet. Er muss nicht groß darüber nachdenken und weiß, worum es sich hier handelt. Herr Nipp bleibt einige Minuten stehen, genießt dieses Bild und saugt es ganz tief in sich ein. In einschlägigen Fachzeitschriften steht zu solchen Situationen bestimmt irgendein Kauderwelsch zu Hygge und Achtsamkeit, eben Modeblabla. Wüsste Herr Nipp darüber, würde er innerlich nicht nur grinsen, sein alter Spott bräche aus ihm heraus, über Esotherik und anderen Spinnerkram, seine Vorurteile über Menschen mit Zipfelkleidung und so ein Zeugs. Nein, darum geht es hier nicht. Er steht einfach nur da herum in seinen Alltagsklamotten und Turnschuhen. Und wie kann es anders sein, kommen zwei Verzweifelte mit Outdoorkleidung und festem Schuhwerk an ihm vorbei, die versuchen, diese Fläche botanisch per App zu entschlüsseln. Leider haben sie wohl keinen Empfang oder die App kann einfach kein vertrocknetes Kraut entschlüsseln. Kopfschüttelnd ziehen sie des Wegs, eine gewisse Traurigkeit ist ihnen anzumerken, dass sie dieses Naturmysterium nicht entschlüsseln konnten. „Oh“, denkt Herr Nipp.

Dieser Beitrag wurde unter Allgemein veröffentlicht. Setze ein Lesezeichen auf den Permalink.