Um etwa 6.18 Uhr wacht er auf, auch wochenends, er bleibt dann einige Zeit ohne Decke noch liegen, irgendwann steht er auf. Es wird bald Tag werden, noch ist es relativ dunkel. Die meisten Menschen schlafen wohl noch, senile Bettflucht ist nicht jedem gegeben. Herr Nipp macht sich fertig und sitzt dann einige Zeit bei einer Tasse Kaffee im Esszimmer (das ist übrigens kein von der Wohnung getrennter Raum, sondern so nennt er einen Teil der Wohnlandschaft, in dem der Esstisch steht), schaut in den Garten, in dem die Einzelheiten sich langsam unterscheiden. Sehr langsam. Ja, seine Augen sind schlechter geworden. Früher konnte er scharf sehen, immer, auch auf kurze Distanz, auch nachts. Damals war es ihm unerträglich, nah vor einem Bildschirm zu sitzen oder ein Werbeplakat zu sehen, weil ihn die einzelnen Bildpunkte so störten. Inzwischen muss er zum Lesen die Brille aufsetzen, so wie es wahrscheinlich den meisten Menschen geht, richtig hat wer sich immer noch nicht daran gewöhnt. Meist versucht er die Zeitungslektüre ohne Lesehilfe, irgendwann wird das zu anstrengend. Auch das wohl ein Grund dafür, dass er nicht mehr so viele Bücher liest wie früher.
Einige Vögel zanken sich auf dem Rasen um einen roten Apfel, der in der Nacht vom Baum gefallen ist, Amseln. Beim Nachbarhaus sind die Rollläden noch heruntergelassen, die werden sich gegen neun Uhr automatisch öffnen. Dann wird Herr Nipp schon seine Runde über den Wochenmarkt gemacht haben, wird Gemüse , Eier vom Biostand und vielleicht eine Topfblume gekauft haben. Irgendwie kommt er am Stand mit den frischen Topfpflanzen nie vorbei. Der Vorgarten und die dort lebenden Insekten danken es. Dann geht er zu seiner Lieblingsbäckerei, die mit Dinkelmehl backt und erst danach wird gefrühstückt. Er wird an diesem Tag mit einem seiner Söhne ins Holz gehen, was in seiner Familie heißt, dass er sich Kaminholz fertig macht. Er wird dort einige Stunden mit der Kettensäge arbeiten und am Nachmittag sehr erschöpft sein, aber gerade das ist ja so schön. Etwas schaffen oder machen, sich dabei zu verausgaben. Zu schwitzen und den Körper fühlen, jede Sehne.
Jetzt aber ist es noch Morgen, er öffnet die Terassentür, lässt die Frischluft hereinströmen, atmet tief ein und merkt bis tief in sich, dass es einfach schön ist so zu leben.
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