Andere Welten

Das Leben an sich ist sehr schwer zu verstehen. Wenn man in einer Wiese liegt noch mehr. Sich auf die Abläufe einzulassen und wertfrei zu beobachten kann schon eigene Grenzen aufzeigen. Da fangen Spinnen Insekten und werden von Eidechsen verspeist, Käfer fressen Blüten und deren Samen und wenn eine Kuh vorbei kommt, bleibt von all dem nicht viel übrig und trotzdem scheint dieses Prinzip zu funktionieren. Alles regeneriert sich in stetem Wandel. Es wäre ein Trugschluss, zu erwarten, irgendjemand könne künstlich den Staus Quo erhalten. Herr Nipp hatte sich auf eine der schönen Allgäuer Bergwiesen begeben, dort einige zehn Seiten eines mitgebrachten Buches mal wieder gelesen, manchmal geschmunzelt, einmal sogar herzlich gelacht. Die „per Anhalter“ Reihe von Douglas Adams ist einfach hintergründig witzig und wird bei jedem Lesen besser, auch weil die Figuren so wunderbar daneben sind und die Welt offenkundig anders erklärbar ist. Wer sich also mit diesem Buch in die Natur begibt, wird zwangsläufig erkennen, dass alles auch völlig diffus enträtselbar sein könnte. Wir wissen ja, dass die scheinbare Idylle der Bergwiesen in Wahrheit ein Überlebenskampf ist. Was aber wäre, wenn das gar nicht stimmte, sondern alles nur Theater wäre, um uns etwas zu denken zu geben, zu täuschen, während im Untergrund ganz Verborgenes geschieht? An dieser Stelle übrigens einen schönen Gruß an alle Verschwörungstheoretiker, die mit ähnlich konfusen Gedankenspielen unsere Welt erklären. Vielleicht manchmal Dinge erkennen, meistens jedoch eigenes Missverstehen in die Realität projizieren, sie produzieren dabei eben oft falsche Syllogismen nach dem Prinzip: 1. Die Geburtenrate ist zum Ende der sechziger Jahre in Deutschland signifikant eingebrochen. (Das stimmt übrigens auffallend) 2. Die Population der Klapperstörche (in Fachkreisen auch Weißstörche genannt) ist seit Ende der sechziger Jahre ebenfalls signifikant eingebrochen (auch das stimmt) 3. Wegen des Einbruch der Storchpopulation ist ein signifikanter Geburteneückgamg zu verzeichnen (da liegt der Trugschluss). Aber jene Theoretiker sagen etwas anderes: ihr seid verblendet, weil ihr nicht bereit seid, hinter das Wesen der Dinge zu schauen und zwar genau aus meiner Perspektive. Sie glauben an ihre Wahrheiten und mal ehrlich, frei nach einem der Slogans des jdav: lieb doch, was du willst. Während Herr Nipp also da sitzt, das kleine Leben um sich herum beobachtet, wird ihm klar, wir leben alle in verschiedenen Welten. Jeder Einzelne baut sich seine eigene Erscheinungs-, Erklärungs-, und Erlebenswelt und an bestimmten Punkten überschneiden sich diese mit denen der anderen. In solchen Fällen kann dann so etwas wie Freundschaft entstehen. Nur die Welt der Bergwiesen ist Herrn Nipp so komplex, dass er nur staunend da liegt. Aber eines wird ihm bei all den Beobachtungen zu Kräutern, Fliegen, weiteren Insekten, Eidechsen und allem was da so herumkreucht und fliegt klar. Er wird keine Freundschaft mit jenem braunflügligen Schmetterling schließen, der eben noch auf dem Hundekot saß und sich nun anschickt, den Schweiß auf seinem Bein zu saugen.

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