Gabel

Seit Tagen sitzt Herr Nipp schon in seiner Lieblingskanzel an. Endlich will er den Gabelbock erwischen. Wie ein Geist taucht er immer plötzlich auf, steht so ungünstig, dass nichts zu machen ist. Nicht ansprechbar nennen das wohl die Jäger. Herr Nipp hat ein passendes Kaliber für den Schuss gewählt, nicht zu groß, nicht zu schwer, er muss ja beweglich bleiben, hat frühzeitig aufgebaut und verhält sich so ruhig, dass er selber staunen muss. Keinen Mux gibt er von sich, bewegungslos sitzt er da. Seit Stunden schon. Allmählich wird das Licht fahler, die Farben blassen aus, doch der Gabler lässt sich nicht blicken. Herr Nipp lehnt sich kurz nach hinten, nimmt die Flasche mit Orangensaft aus der Tasche und trinkt drei große Schluck. Er stellt zufrieden die Flasche ab. Lecker, denkt er. Das hat gut getan. Als er nach draußen schaut, steht dort der junge, starke Bock und scheint ihn höhnisch anzusehen. Langsam hebt Herr Nipp das Schussgerät, visiert an und drückt ab. Nicht ein Schuss löst sich, es ist gleich eine ganze Serie. Er hat die Kamera so eingestellt. Und dieses Mal hat es sich wirklich gelohnt. Tolle Bilder eines fotogenen Rehs. Am nächsten Tag erfährt er, dass der Bock im Morgengrauen von einem befreundeten Jäger zur Strecke gebracht wurde. Zur Fotoausstellung wird es Rehrücken geben.

Dieser Beitrag wurde unter Allgemein veröffentlicht. Setze ein Lesezeichen auf den Permalink.