Schreiben, geschrieben haben, schreiben werden

Wie wundervoll es ist, ganz unvermutet zu entdecken, abends kurz vor dem Schlafengehen, dass diese ungetümen Buchstabenkolonnen immer da sind, sie nur einen Anstoß gebrachen, um sich in Bewegung zu setzen. Und sobald das erste Wort geschrieben, sobald der erste Satz, der erste Abschnitt beendet ist, wird das nächste Wort und ganz ohne sein Zutun sich hinzubegeben, eine neue Kolonne in Bewegung setzen, weil alles so logisch scheint vielleicht und das erste Wort schon lang vergessen ist. Eine Jonglage mit dreihunderttausend Bällen, die eigentlich nur scheitern könnte, wird sich in der Schwerelosigkeit seiner Gedanken als leichtes Spiel entpuppen. Es war der Stein, der ins Wasser geworfen versank und eben doch Wirkung zeigte, unverhoffte, weil das Fass zum Kippen gebracht oder es leck geschlagen wurde. Dann pulsieren die Möglichkeiten und lassen Bilder tanzen, aufglimmen und ganz plötzlich erlöschen, als seien sie nie dagewesen, dabei waren sie doch eben noch so klar. Wie die alte Streubrause, die dir früher als du noch Kind warst dieses ganz besondere Gefühl im Mund gab und den unvergesslichen Geschmack von Himbeeren, Sommer in den Bergen oder im Freibad. Diese kindliche Leichtigkeit, trotz aller Bedeutungsschwere, können die Wörter haben, sie erheben dich in selige Gefilde oder reißen, zerren an deinen Lenden, dass du fast schwachsinnig vor Lust wirst, wenn du dir vorstellst, mit welchen Fügungen die nächste Bettszene denn wohl drastisch beschreiben kannst und trotzdem gefühlvoll und dann alles wieder löschst.

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