Ideal

„Die meisten deiner Ideale kannst du nicht erfüllen, deswegen heießen sie auch so. Aber manchmal gelingt es eben doch und dafür lohnt es sich zu streben.“ hatte ihm damals sein geliebter Onkel gesagt. Ein Mann, dem man zuhören musste, weil er etwas zu sagen hatte, weil er mit der Sprache umzugehen und zu beeinflussen wusste. Ein wahrer Mann des Wortes, der nicht nur Theologie studiert hatte, sondern auch eristische Dialektik beherrschte. Ein Rabulist im Sinne Gottes.
Herr Nipp hatte von diesem Man so viel gelernt, vor allem aber eine Technik, von der die meisten anderen Menschen zu dieser Zeit noch nicht einmal etwas gehört hatten. Die Selbstbefragung am Tagesende. Heute nennt das jeder einfache Motivationstrainer Evaluation. Ja, die erzählen uns gerne eine Menge, aber ist es auch mit Inhalt gefüllt? Der Ansatz des Onkel erschien ihm immer einfach, fast schon sträflich einfach. „Stelle dir folgende Fragen am Ende des Tages: 1. War dein Tag gut? 2. Warst du gut? 3. Bist du deinem Ziel näher gekommen? 4. Hast du deinen Nächsten geachtet?“ Alles andere sei schließlich nebensächlich.
Aber mitunter dauert es Jahre und Jahrzehnte bis man so eine einfache Lektion als seine annimmt. Herrn Nipp ist dies noch immer nicht völlig gelungen.

Dieser Beitrag wurde unter Allgemein veröffentlicht. Setze ein Lesezeichen auf den Permalink.