Im Heute ankommen

Ist es eigentlich zu fassen? Sie glaubt wirklich alles, was auf den Dosen und Verpackungen steht, dass es stimmt, der Wahrheit entspricht. Sie stellt die Angaben nicht infrage, warum sollte sie das auch tun, es steht ja da geschrieben, das Geschriebene allerdings zählt. Herr Nipp kann es sich kaum vorstellen. Aber allein die Naivität ihres harmlosen Gesichts spricht Bände. Dieser Mensch kann einfach nicht zweifeln an den Aussagen dieser Welt. Wenn in einer Schlagzeile etwas steht, ist das gesetzt, Gesetz vielleicht sogar. Wenn die Menschen schlecht dargestellt werden, dann sind sie es auch, an eine, irgendeine politische Färbung wird erst gar nicht gedacht, warum sollte man auch etwas hinterfragen oder vergleichen. Die Einstellung zu Verpackungen spiegelt jene zu den Nachrichten wider. Alles ist real, nichts scheint manipulierbar. Im Grunde genommen hat sich nichts verändert. Jahrhunderte lang wurde jede verbale Zuckung der Kirche geglaubt, dann jene der Politik, jetzt jede der Werbung, der Medien.
Was? Die haben mich angelogen? Nein, das kann doch einfach nicht sein. Die Welt ist schlecht. Gespielte Verzweiflung, nur um im nächsten Moment den eingespielten Ritualen wieder zu verfallen, Tunnelblick.
Abgesehen von fast schon rühmlichen Ausnahmen tragen diese glatten jungen Damen lange Haare. Gestriegelte Pferde in edlem Trab. Wiener Schule, weiße Pferde des Hofzeremoniells. Die jungen Männer ziert ein modischer Kurzhaarschnitt, oft mit dem Versuch eines Bartes geziert. So ist das modern, das gibt die Werbung, das öffentliche Bild junger Menschen, vor. Schickheit, Schicksein ist wichtig. Die Wimpern geschwärzt mit Volumentusche. Sie täuschen ein zierliches Frausein, eine muskulöse Männlichkeit vor, was auch in Jahren nicht erreichbar ist. Zumindest solange sich ihre Erfahrungswelt auf die Fitnessstudios und Schulen beschränkt. Wer von ihnen wird sich wann der Realität stellen? Aber der Körper glänzt mit Vollrasur, so als fürchte man sein Erwachsenwerden.

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