Ärgernis

Ein gar nicht so alter Sinnspruch gehört zu Herrn Nipp wie seine Füße: Ärgerst du dich, ärgerst du dich. Er weiß, dass genau dies andere Leute freut, wenn sie es darauf angelegt haben. Ein besseres Leben ergibt sich, wenn der Ärger einfach verulkt wird, dann fühlt sich der Ärgernde genauso.
Vor einigen Tagen ging er mit einer Freundin spazieren. Auf dem Rückweg entdeckten sie in Höhe der Försterhäuser, von denen seit Jahren eines leer steht, was auch ein Ärgernis ist, aber das ist frei nach Michael Ende eine andere Geschichte, auf dem Weg eine Tomate. „Wer wirft denn hier Tomaten weg?“, entfuhr es ihm völlig unbedacht. „Vielleicht hat sie ja jemand verloren. Es könnte auch sein, dass sie von einem Tomatenbaum gefallen ist, den du noch nicht entdeckt hast.“ Frotzelnd war die Situation schnell ins Lächerliche gekippt.
Heute machen beide eine Radtour und ziemlich zu Beginn geht es an den drei Forsthäusern, die genau genommen vier sind, vorbei. „Wäre es nicht schön, hier wohnen zu können? Es ist zu ärgerlich, dass dieses Haus leer steht. Dafür würde ich unser sofort verkaufen.“ Das ist jedes Mal Thema, wenn beide des Anwesens ansichtig werden. Herr Nipp sieht das genau so. Er steigt vom Rad und schaut genau hin. Diesmal liegen gleich zwanzig Tomaten auf dem Boden. Eine nimmt er auf und riecht daran. „Das ist ja gar keine Tomate, sondern eine rote Mirabelle. Da hattest du ja sozusagen Recht mit deinem Tomatenbaum.“ „Vielleicht sollten wir noch einmal fragen, ob sie es nicht doch verkaufen.“

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