Welt, Vernunft und Gefühl

Als er diesen Morgen auf seinem alten Sofa aus den sechziger Jahren sitzt, natürlich schwarzes Leder auf Kirschholzbeinen (Oh Gott, werden all die woken Menschen ausrufen, die ihren Körper vegan ernähren. Das darf doch nicht wahr sein, da sitzt ein Mesnch auf Tierhäuten…), vor Jahren vor dem Schicksal gerettet, auf dem Sperrmüll zu landen, hört er im Deutschlandfunk eine Besprechung eines neuen Buches zu Immanuel Kant. Niemand mag auch nur erahnen, das wieviel hunderttausendste Erläuterungs- oder Verklitterungsbuch über jene Theorien das nun sein mag, aber offenbar fühlen sich immer wieder Menschen berufen, der Welt zu erklären, was Kant uns heute noch zu sagen hat. Vor allem aber wollen sie uns weis machen, dass eigentlich jeder die „Kritk der reinen Vernunft“ doch zu lesen habe. Wirklich, das möchte niemandem ernstlich zugemutet sein. Da wird dann natürlich irgendeine Version des Kategorischen Imperativs bemüt, klar, auch der Gemeinplatz „Habe den Mut dich deines…“ kann in immer neuer Weise missbraucht werden, ähnlich wie die Bibeltexte gerne umgedeutet werden. Und es muss einleuchtend erklärt werden, dass Gottes angeblicher Tod einher geht mit der wahren Erkenntnis durch den reinen Rationalismus. Herr Nipp muss gähnen, geht in die Küche, holt sich die beiden Tassen Tee, welche er sich vor einigen Minuten vorbereitet hat, zieht sie vielleicht ein wenig zu ruckhaft von der Anrichte und tatsächlich entschlüpft seinen Lippen ein kleiner Fluch, weil die Flüssigkeit wirklich heiß ist. Dass er die Tassen nicht loslässt. Und plötzlich versteht er, was Kant meint, wenn er sozusagen sagt, wir sehen die Welt, wir wissen allerdings erst etwas, wenn wir unsere Vernunft zur Untersuchung gebrauchen. Was ihm allerdings fehlt, denkt Herr Nipp, ist der Bezug zum Gefühl, das innere wie das äußere.

Dieser Beitrag wurde unter Allgemein veröffentlicht. Setze ein Lesezeichen auf den Permalink.